150 Jahre Schottischer Fussballverband
<p><strong>Heute vor 150 Jahren versammelten sich Vertreter von sieben schottischen Klubs, um über die künftigen Standards im schottischen Fussball zu debattieren und den schottischen Fussballverband (SFA) zu gründen, der damit der zweitälteste Fussballverband der Welt ist. </strong></p>
<p>Zugegen beim historischen Treffen waren Queen’s Park, Clydesdale, Vale of Leven, Dumbreck, Third Lanark, Eastern und Granville, während Kilmarnock fehlte, das als de facto achtes Gründungsmitglied sein Interesse an einer Mitgliedschaft bereits im Voraus schriftlich bekundet hatte. </p>
<p><strong>Das erste Spiel </strong><br>Das 1867 gegründete Queen’s Park, das noch heute in der zweithöchsten schottischen Liga spielt, war als ältester Klub des Landes die treibende Kraft hinter der Gründung des SFA. Sechs Monate vor der historischen Zusammenkunft am 13. März 1873 hatte Queen’s Park bereits die meisten Spieler für das erste Länderspiel der Schotten gestellt, bei dem diese auf dem Platz des West of Scotland Cricket Club in Glasgow auf den Nachbarn aus England trafen. </p>
<p>Die Partie war nicht nur für beide das erste anerkannte Länderspiel, sondern auch das allererste in der Fussballgeschichte und trotz des 0:0-Endstands ein Meilenstein in der Entwicklung des Fussballs. Schottland und England sind nach wie vor grosse Rivalen. Die Schotten bezeichnen ihre Nachbarn oft als "auld enemy" (alte Feinde) und verweisen damit auf ihre zahlreichen historischen Schlachten - sowohl auf als auch neben dem Spielfeld!</p>
<p><strong>Regeln und neue Institution </strong><br>Während die SFA für die Festlegung und Durchsetzung der Standards auf ihrem Gebiet zuständig war, erforderte die immer höhere Zahl an Länderspielen zwischen den Nationen des Vereinigten Königreichs (damals Schottland, England, Irland und Wales) ein einheitliches Regelwerk, das für alle Teilnehmer gelten sollte. Am 6. Dezember 1882 trafen sich daher die vier Verbände zu Gesprächen über gemeinsame Fussballregeln und gründeten das International Football Association Board (IFAB), das allen künftigen Regeländerungen zustimmen musste.</p>
<p>Kurz danach wurde mit der jährlich stattfindenden British Home Championship das älteste internationale Länderspielturnier gegründet. Dank Siegen gegen alle drei Gegner sicherte sich Schottland bei der ersten Ausgabe 1884 den Titel. Während das Turnier 1984 abgeschafft wurde, ist der IFAB als Hüter der internationalen Spielregeln bis heute aktiv. Zu den vier Gründungsmitgliedern gesellte sich 1913 die FIFA. Während diese vier Stimmen hat, haben die anderen vier je eine.</p>
<p><strong>Das schottische Nationalteam </strong><br>Trotz der Zusammenarbeit im IFAB waren sich die vier Nationen und die FIFA bei internationalen Angelegenheiten nicht immer einig. Nach dem relativ frühen Beitritt 1910 trat Schottland 1920 zusammen mit den drei anderen Nationen bereits wieder aus dem Weltfussballverband aus. 1924 gelang eine Wiederannäherung, ehe es vier Jahre später erneut zum Bruch kam. 1946 kehrte Schottland schliesslich definitiv in die FIFA zurück und hatte damit erstmals überhaupt die Chance, an einer FIFA Fussball-Weltmeisterschaft™ teilzunehmen. </p>
<p>Achtmal hat sich Schottland bis dato für die WM qualifiziert, erstmals für die Endrunde 1954. Allerdings hat Schottland noch nie die erste Turnierphase überstanden – trotz einiger bemerkenswerter Resultate, wie des Unentschiedens gegen Titelverteidiger Brasilien 1974 sowie des 3:2-Sieges 1978 gegen die Niederlande (Vizeweltmeister von 1974), der mit einem der schönsten Tore in der WM-Geschichte besiegelt wurde. <a href="https://www.fifa.com/fifaplus/en/watch/397ujXa54ucQmKQoOHUrSv" target="_blank" rel="noopener">Archie Gemmill spielte damals drei Niederländer aus, ehe er den Ball über Torhüter Jan Jongbloed lupfte.</a></p>
<p>Die Schotten waren bei der WM bislang wahrlich nicht vom Glück verfolgt, wenn man bedenkt, dass sie als einziges Team bislang dreimal aufgrund der Tordifferenz ausgeschieden sind – und das auch noch dreimal in Folge (1974, 1978 und 1982).</p>
<p>Nach dem bislang letzten WM-Auftritt mussten die schottischen Fans (oder die Tartan Army, wie sie aufgrund ihrer traditionellen Kleidung bei Länderspielen auch bezeichnet werden) nicht weniger als 23 Jahre auf die nächste Teilnahme ihrer Mannschaft an einem Grossturnier warten (EM 2020, die schliesslich auf 2021 verschoben wurde). </p>
<p>Auch dort blieben sie in der Gruppenphase hängen, konnten sich aber immerhin über ein 0:0 gegen den Erzrivalen und späteren Zweitplatzierten aus England im Wembley-Stadion freuen. </p>
<p><strong>Das schottische Frauennationalteam</strong><br>Auch wenn die schottischen Frauen schon seit 1881 Länderspiele bestreiten, datiert das erste offizielle Spiel erst von November 1972 (genau 100 Jahre nach dem ersten solchen Spiel bei den Männern). Gegner war – wie könnte es anders sein – England. </p>
<p>Gebremst wurde die Entwicklung durch ein 1921 landesweit eingeführtes Frauenfussballverbot, das erst 50 Jahre später wieder aufgehoben wurde. Auch nach dessen Aufhebung gab der SFA erst 1998 grünes Licht für die Aufnahme des schottischen Frauenfussballverbands. </p>
<p>Gross war der Jubel der Fans, als die schottischen Frauen 2017 zuerst bei der Euro und zwei Jahre später auch bei der FIFA Frauen-Weltmeisterschaft™ ihr Debüt feierten. Wie die Männer sind die Frauen aber bis heute immer in der Gruppenphase ausgeschieden.</p>
<p>Trotzdem haben sie schon mehrfach für Furore gesorgt, etwa 2019, als sie als einziger Debütant in jedem Spiel ein Tor erzielten, angefangen mit dem ersten WM-Treffer einer Schottin durch Claire Emslie zum Auftakt – natürlich gegen England. </p>
<p><strong>Schottischer Pokalwettbewerb </strong><br>Neben den Nationalteams ist der SFA noch für weitere Bereiche des schottischen Fussballs verantwortlich, z. B. den jährlich ausgetragenen nationalen Pokalwettbewerb, der erstmals 1873/74 zwischen den acht Gründungsmitgliedern des SFA sowie weiteren acht Klubs ausgetragen wurde, die dem Verband binnen weniger Monate beigetreten waren. </p>
<p>Im Finale der ersten Ausgabe setzte sich Queen’s Park dank Toren von Billy MacKinnon und Robert Leckie mit 2:0 gegen Clydesdale durch, womit das Team aus dem Süden von Glasgow als Erstes die gemäss Guinness-Buch der Rekorde älteste Fussballtrophäe der Welt in die Höhe stemmen durfte. Wie bei der FIFA Fussball-Weltmeisterschaft wird nach dem Sieg mit der Originaltrophäe gefeiert, die dann aber wieder ins schottische Fussballmuseum zurückkehrt, während der Gewinner für seine Trophäensammlung eine Nachbildung erhält.</p>
<p>Queen’s Park war in den ersten beiden Jahrzehnten mit zehn Titeln dominierend, wartet seit 1893 aber auf einen neuerlichen Erfolg. Aktueller Rekordhalter ist Celtic mit insgesamt 40 Pokalsiegen. </p>
<p>1970 wurde auch für die Frauen ein nationaler Pokalwettbewerb eingeführt, und zwar vom schottischen Frauenfussballverband, der erst 1998 im SFA aufgehen sollte. Erfolgreichstes Team ist mit neun Titeln Glasgow City, knapp vor Hibernian mit deren acht. </p>
<p><strong>Das Zuhause der Tartan Army </strong><br>Der Hampden Park ist nicht nur das Zuhause des Männer- und des Frauennationalteams, sondern auch der Sitz des SFA. </p>
<p>In ihrer fast 120-jährigen Geschichte hat die Arena, die einst die Heimstätte des ältesten schottischen Fussballklubs (Queen’s Park) war, schon viele denkwürdige Spiele erlebt. Während das moderne Stadion mehr als 50 000 Zuschauer fasst, bot der alte Hampden Park einst mehr als dreimal so vielen Fans Platz und galt damit als grösste Fussballarena der Welt. Er war Schauplatz eines der grössten Spiele, die der Fussball je erlebt hat. 1960 schlug Real Madrid im Finale des Europapokals der Pokalsieger Eintracht Frankfurt vor 127 000 Zuschauern mit 7:3. Es ist damit bis heute das tor- und zuschauerreichste Finale in der Wettbewerbsgeschichte. </p>
<p>1937 beim Spiel zwischen Schottland und England im Rahmen der British Home Championship waren es gar 149 415 Zuschauer, was noch immer europäischer Länderspielrekord bedeutet. Die Zahl ist umso beeindruckender, als Wales als Turniersieger bereits feststand und das Resultat dieser Partie damit mehr oder weniger bedeutungslos war. Der 3:1-Sieg des Heimteams sei dennoch angemerkt. Kenner der schottischen Fussballgeschichte wissen nur zu gut, dass das grosse Heer der Tartan Army bei keinem Spiel fehlt – schon gar nicht beim Kräftemessen der beiden ältesten Gegner im internationalen Fussball.</p>
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