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Alberto Suppici – erster Weltmeistertrainer und Visionär

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<p><strong>29 Fussball-Weltmeisterschaften haben bei den Frauen und Männer bislang stattgefunden – mit 27 verschiedenen siegreichen Trainern. Nur der Italiener Vittorio Pozzo (bei den Männern 1934 und 1938) und die US-Amerikanerin Jill Ellis (bei den Frauen 2015 und 2019) führten ihre Teams zu zwei Titeln. Der wohl unbekannteste in diesem exklusiven Kreis ist Alberto Suppici, der Uruguay 1930 im zarten Alter von 36 Jahren bei der allerersten WM zum Titel führte.</strong></p> <p>Im Showcase über die 1930er Endrunde in der WM-Galerie des FIFA Museums ist eine kleine Emaille- und Silbermedaille ausgestellt, die das WM-Poster des uruguayischen Künstlers Guillermo Laborde ziert. Sie ist ein Geschenk des uruguayischen Fussballverbands an Alberto Suppici, weil 1930 weder der Trainer noch die Spieler, die im Finale nicht eingesetzt wurden, von der FIFA eine Medaille erhielten. Es war deshalb Sache des siegreichen Verbands, die Leistungen derjenigen zu würdigen, die seiner Meinung nach zum Triumph beigetragen hatten.</p>
<p>Ausserhalb Uruguays war Alberto Suppicis Anteil am WM-Erfolg 1930 kaum eine Zeile wert. So wird er in der WM-Literatur entweder gar nicht oder nur am Rande erwähnt, obwohl ein Interview, das er kurz vor dem Turnier dem Lifestyle-Magazin „Mundo Uruguayo“ gab, ein ganz anderes Bild zeichnet. So zeigt das Interview, dass er der Kopf des Teams, in verschiedener Hinsicht ein Wegbereiter und damit weit mehr als der erste Weltmeistertrainer war. In einer Zeit, in der sich das Training und die Spielvorbereitung vielfach auf etwas Hopsen, Springen und Hüpfen beschränkte, war Suppici revolutionär.</p> <p>So zog er das Team vor dem Turnier abgeschirmt vor der Öffentlichkeit zusammen. Sollten die Spieler dabei an Urlaub gedacht haben, erlebten sie ein böses Erwachen. So herrschte von Punkt 22.30 bis 8.00 Uhr Sperrstunde – ohne Wenn und Aber, wie Torhüter Andrés Mazali, einer der Helden bei Uruguays Olympiasiegen 1924 und 1928, schmerzlich erfahren musste, als er wegen Nachtruhestörung kurzum aus dem Team geworfen und durch Enrique Ballestrero ersetzt wurde.</p> <p>Nach 15 Jahren bei der nationalen Kommission für Sportunterricht wusste Suppici, wie sich Spieler vorbereiten sollten. „In der ersten Woche beschränkte ich mich darauf, die Spieler körperlich auf eine intensivere Belastung vorzubereiten“, sagte er im Juli 1930 im Interview mit „Mundo Uruguayo“. „Danach folgte eine Reihe neuromuskulärer Koordinations- und Reaktionsübungen, die immer mit einigen Frei- und Atemübungen abgeschlossen wurden.“ Ziemlich neumodisch für den Fussball in den 1930er-Jahren! Zum Training gehörten auch Läufe von bis zu 13 km Länge, die mit einem Schnitt von 6 km/h zu absolvieren waren. </p>
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<p>Auch bei der Ernährung war Suppici seiner Zeit voraus und überliess nichts dem Zufall. So wusste er genau, was zu tun war, als Innenverteidiger Lorenzo Fernández, der wegen seiner galizischen Wurzeln „Gallego“ genannt wurde, mit Verstopfungen anreiste: „Die Ernährung muss einfach und leicht verdaulich sein und möglichst aus rohem Gemüse, Vollkornbrot, frischem Obst und Ähnlichem bestehen. Erlaubt ist auch gegrilltes Fleisch, obgleich ich keinem Spieler eine radikale Änderung seiner Essgewohnheiten auferlegen will.“ Dem bemitleidenswerten Lorenzo Fernández half es aber ganz offensichtlich, denn er spielte beim Turnier gross auf und wurde von der Presse gar zum besten Spieler des Finales erkoren.</p> <p>Suppici ging es aber nicht nur um Disziplin. „Ich habe versucht, mit diversen Freizeitaktivitäten für gute Stimmung unter den Spielern zu sorgen und so den Teamgeist zu fördern. Volleyball, Boccia und ähnliche Spiele sorgen für eine gute Stimmung und dienen sowohl der Erziehung als auch der Entspannung.“</p> <p>Weniger bekannt ist über Suppicis taktisches Gespür und seine Rolle während der Spiele. Auf einen harzigen Start mit einem späten Siegtreffer durch Hector Castro gegen Peru folgten souveräne Siege gegen Rumänien (4:0) und im Halbfinale gegen Jugoslawien (6:1). Die erste echte Bewährungsprobe kam im Finale gegen Argentinien, als die Uruguayer zur Halbzeit mit 1:2 zurücklagen – und dies trotz ihres virtuosen und auf viel Ballbesitz ausgerichteten Kurzpassspiels, mit dem sie das europäische Publikum bei den Olympischen Spielen in Paris und Amsterdam begeistert hatten.</p>
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<p>In der zweiten Halbzeit war das Team wie verwandelt und spielte plötzlich lange Bälle, um das riesige Feld (ca. 128 x 91 Meter) im Estadio Centenario zu öffnen. Es war eine taktische Meisterleistung, die mit drei Treffern und dem 4:2-Sieg belohnt wurde. Unklar ist, wer hinter diesem Coup stand. Suppici? José Nasazzi, der Kapitän? Oder das ganze Team?</p> <p>Wir werden es wohl nie erfahren. Unbestritten ist hingegen, dass die Uruguayer sowohl mental als auch körperlich bestens vorbereitet waren − und dies ist eindeutig Suppicis Verdienst.</p> <p></p>
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