Die Geschichte der magischen Torjägerin und der unbezwingbaren Torhüterin
<p><strong>Vor 16 Jahren fand die FIFA Frauen-Weltmeisterschaft 2007™ in China statt. Es sollte die erste Frauen-WM werden, bei der ein Titelverteidiger seinen Titel tatsächlich erfolgreich verteidigen konnte. Aber es war auch die Bühne für eine magische brasilianische Torjägerin und eine unbezwingbare deutsche Torhüterin.</strong></p>
<p>Die Austragung der fünften Auflage des Turniers wurde automatisch an China vergeben, wo bereits die WM-Endrunde 2003 hätte stattfinden sollen. Aufgrund eines SARS-Ausbruchs im Land kurz vor Turnierbeginn kam es allerdings anders. 16 Teams kämpften in insgesamt fünf Stadien in Tianjin, Wuhan, Hangzhou, Chengdu und Schanghai um die Trophäe der FIFA Frauen-Weltmeisterschaft. Zum ersten und bisher einzigen Mal in der Geschichte des Turniers gab es keinen Debütanten unter den teilnehmenden Ländern, da sich alle Teams zuvor bereits mindestens einmal für eine WM qualifiziert hatten.</p>
<p>Titelverteidiger Deutschland gab schon im Eröffnungsspiel den Ton an und besiegte Argentinien gleich mit 11:0 – ein Rekord, der bis 2019 Bestand hatte, als die USA Thailand mit 13:0 schlagen konnten. Der Kantersieg war der Auftakt in ein überragendes Turnier für die Deutschen, die all ihre Spiele gewannen. Rechnet man die Erfolge bei der WM 2003 mit ein, stellten sie eine unglaubliche Serie von zwölf WM-Spielen ohne Niederlage auf, die erst 2019 von den USA übertroffen wurde, als sie als zweite Nation ihren Titel verteidigen konnten.</p>
<p><strong>Die Todesgruppe</strong><br>Doch nicht nur Deutschland sorgte in der Gruppenphase für Schlagzeilen, sondern auch die Gruppe B – die unangefochtene „Todesgruppe“ in diesem Jahr. Mit den USA, Schweden und Nordkorea waren drei der fünf damals bestplatzierten Teams der Welt in dieser Gruppe vertreten, zu denen sich noch die afrikanischen WM-Veteraninnen aus Nigeria gesellten. Noch spannender machte diese Ausgangslage die Tatsache, dass es sich um eine Wiederauflage der Gruppe von der WM 2003 handelte, wodurch sich für die Team die Gelegenheit zur Revanche bot. Während die USA wenig überraschend den Gruppensieg holten, musste Schweden seinen zweiten Platz von der letzten WM aufgrund der schlechteren Tordifferenz an Nordkorea abtreten, die sich in einer spannenden Begegnung gegen die USA ein 2:2 erkämpften.</p>
<p>England feierte nach zwölf Jahren Absenz sein Comeback beim grössten Frauenfussballturnier. Während die Lionesses heute zu den absoluten Spitzenteams gehören und 2015, 2019 und 2023 jeweils mindestens bis ins Halbfinale vorstossen, waren sie 2007 erstmals seit 1995 wieder bei einer WM-Endrunde dabei. In China erreichten sie das Achtelfinale, nachdem Kelly Smith im Gruppenspiel gegen Japan für einen unvergesslichen Moment sorgte, indem sie nach ihrem Tor ihren Schuh auszieht und küsst – ein Torjubel, der in die Geschichte eingegangen ist.</p>
<p>In den anderen Gruppen zelebrierten Brasilien und Norwegen ihren Angriffsfussball, erzielten in den drei Gruppenspielen je zehn Tore und sicherten sich damit jeweils den Gruppensieg. Die Südamerikanerinnen stellten sich als Deutschlands härteste Titelkonkurrentinnen heraus, blieben beide Teams in der Gruppenphase doch als Einzige ohne Gegentreffer.</p>
<p>Während Brasilien im Viertelfinale gegen Australien zwei Tore kassierten, liess die deutsche Torhüterin Nadine Angerer bis zum Ende des Turniers kein einziges Gegentor zu und sorgte damit für eine WM-Premiere sowohl bei den Männern als auch bei den Frauen.</p>
<p><strong>Marta führt Brasilien ins WM-Finale</strong><br>Im Halbfinale warf Brasilien die USA gleich mit 4:0 aus dem Turnier und zog damit erstmals ins Finale einer FIFA Frauen-Weltmeisterschaft™ ein. Zwei der Treffer gingen auf das Konto von Marta und zählen zu den schönsten Toren der WM-Rekordtorschützin.</p>
<p>Auch wenn sie diesen Titel erst einige Jahre später erringen sollte, ist Marta bereits 2007 die unangefochtene Leaderin und führt Brasilien mit ihren sieben Treffern nicht nur ins Endspiel, sondern wird auch Torschützenkönigin des Turniers, bei dem ihre Teamkolleginnen zehn weitere Treffer erzielen. Die Südamerikanerinnen schienen die Einzigen zu sein, die Deutschland mit Nadine Angerer hätte vom Sockel stossen können.</p>
<p>Nach souveränen Siegen gegen Nordkorea und Norwegen zog Deutschland anschliessend als erster Titelverteidiger der Geschichte ins Finale einer Frauen-Weltmeisterschaft ein. Erstmals kam es dort zu einer Neuauflage eines Endspielduells einer Männer-WM: Im Finale 2002 gewann Brasilien in Yokohama gegen Deutschland.</p>
<p>Diesmal nutzten die Europäerinnen jedoch ihre Chance, ein WM-Endspiel in Asien zu gewinnen. Die deutsche Kapitänin Birgit Prinz, die mit ihrer dritten Finalteilnahme einen Rekord aufstellte, erzielte sieben Minuten nach der Halbzeitpause mit einem wuchtigen Kopfball den Führungstreffer.</p>
<p><strong>Nadine Angerer bleibt unbezwingbar</strong><br>Das Team von Silvia Neid meldete Marta komplett ab, indem es die Passwege zu ihren Mitspielerinnen zustellte und ihr keinen Raum liess, vor dem Tor zu zaubern. Dies drohte sich in der 64. Minute zu ändern, als sich dem Superstar der Brasilianerinnen die Möglichkeit bot, die Begegnung vom Elfmeterpunkt auszugleichen. Doch die Fans staunten nicht schlecht, als Nadine Angerer den Strafstoss von Marta souverän parierte und dadurch unbezwungen blieb.</p>
<p>Selbst wenn Brasilien diese Chance genutzt hätte, wäre es schwierig geworden, denn die damals 21-jährige Simone Laudehr sorgte mit ihrem Kopfballtreffer nach einer Ecke von Renate Lingor kurz vor Schluss für die Entscheidung. Deutschland gewann damit als erstes Team in der Geschichte des Frauenfussballs zwei WM-Titel in Folge.</p>
<p>Für ihre herausragende Leistung wurde Marta mit dem Goldenen Schuh und dem Goldenen Ball ausgezeichnet. Dieser grossartige individuelle Erfolg wird sich für sie aber wie ein Trostpreis angefühlt haben, als sie und ihr Team an der funkelnden Trophäe vorbeigingen, die nach 2003 erneut nach Deutschland ging.</p>
<p>Die FIFA Frauen-Weltmeisterschaft 2007™ ist zwar schon 16 Jahre her, aber bei diesem Turnier in China rückten erstmals Spielerinnen ins Rampenlicht, die in den darauffolgenden Jahren zu Vorbildern des Frauenfussballs werden sollten. Spielerinnen wie Marta und Angerer waren eindeutig – und zu Recht – die Gesichter dieser Weltmeisterschaft. Doch Spielerinnen wie Ali Riley (Neuseeland), Jill Scott (England), Aya Miyama (Japan) und Carli Lloyd (USA) vertraten ihre Länder damals zum ersten Mal bei einer WM, und wie die Geschichte gezeigt hat, sollte es nicht ihre letzte WM sein.</p>
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